Die Tranchot-Karte der Rheinlande als WMS-Service

FossGIS Konferenz Berlin, 13-15 März 2007

Jan Hartmann
Abteilung Geographie
Universität von Amsterdam
j.l.h.hartmann@uva.nl

(NB: Wenn man die Abbildungen rechts anclickt, bekommt man die Vollversion in einem neuen Fenster).

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Ich möchte Ihnen die WMS-Version einer der bekanntesten historischen Karten der Rheinlande vorführen, die sogenannte Tranchot-Karte aus den Jahren 1801-1813, hergestellt mit den Open Source Programmen Grass, Mapserver und PostGIS. Es ist nicht die Original-Version: die gibt es nur in Manuskript-Form in ungefähr 300 Blättern, sie ist in Farbe und steht im Maßstab 1:20000. Diese Karte hier ist eine Kopie in fünfzehtn Blättern, in einen sehr feinen und exakten einfarbigen schwarzen Kupferdrück. Sie ist im Maßstab 1:100000, und im Vergleich mit dem Original etwas generalisiert, insbesondere die Feldwege und Einzelhausdarstellungen. Die erste Ausgabe wurde 1840 vom Französischen "Depôt de la Guerre" beendet, wahrscheinlich im Zusammenhang mit den damals von Frankreich erhobenen Ansprüchen auf das Rheinland. Alle seit 1815 neu enstanden Straß sind nachgetragen, und im Pfalz hat man durch Kartenaustausch mit dem Königreich Bayern Lücken ausgefüllt. 1848 folgte bereits eine zweite Auflage: es war die Zeit der Revolutionen, und das Verhältnis zwischen Preußen un Frankreich war wieder einmal sehr gespannt. Wiederum wurden die neuen Straß eingezeichnet. Eine dritte Fassung wurde kurz vor dem Krieg von 1870 hergestellt, "complétée pour les Chemins de Fer", und mit Ergänzungen und Änderungen des Straßnetzes.

1801 war das westliche Rheinufer französisches Staatsgebiet geworden, und gleich ordnete Napoleon die Errichtung eines "Bureau topographique" an um die Kartenaufnahme der vier linksrheinischen "Départements réunies" auszuführen, natürlich für militärisch-strategischen Zwecken. Beauftracht wurde damit der Oberst Tranchot. Bis 1813 wurde das nordliche Rheinland bis auf die Linie Mainz-Trier aufgenommen, ungefähr drie Viertel des totalen Areals. Dann aber erfolgte die Niederlage Napoleons bei Leipzig und seine Verbannung nach Elba, und die Karte wurde von Tranchot nach Paris zurückgeführt. Infolge des Friedensvertrages mußten bereits 1814 die Reinzeichnungen an Preußen abgelieft werden, der neue Souverän des Rheinlands. Die Franzosen haben das erstmals verweigert, unter anderem Preuß Napoleon die karten angeblich mit nach Elba genommen hätte, aber nach der zweiten Niederlage Napoleons bei Waterloo wurden die Karten 1816 endgültig abgelieft. Bemerkenswert ist dass auch die Kartenblätter der Nierländischen Provinz Limburg an Preußen übergeben wurden, also das Gebiet rechts der Maas von Aachen bis Kleve. 1816-1820 is die Kartierung durch den Preußischen General von Müffling vollendet und auf den Rechten Rheinufer in Hessen fortgesetzt worden.

Wenn man die Karten aus der Ferne ansieht, sehen sie nicht besonders eindrucksvoll aus. Dies ist das Blatt Aachen, mit drie verschieden Maßtäben und zwei verschiedenen Längen- un Breitenangaben. Wenn man aber hineinzoomt, eröffnet sich unglaubliches Detail. Hier sehen sie Köln, und hier in noch größerem detail das Zentrum (sie sehen: alles ist mit GRASS gemacht worden). Dies ist die Umgebung von Koblenz mit Rhein und Mosel (achten sie bitte auf die wunderschönen Schraffierungen der Bergen), sowie Mainz mit dem Südrand des Taunus, Mannheim mit seinem gitterförmigen Straßnetz aus dem siebzehnten Jahrhundert, und die Barock-Modellstadt Karlsruhe. Die benachbarten Gebieten Frankreichs hat man nur skizzenhaft eingezeichnet. Bedenken sie das dies eine Karte der Französischen Armee ist. Ich habe mal gehört (Preuß nicht ob es wahr is) das die Franzosen im Krieg von 1870 viel bessere Karten von Deutschland hatten als von ihrem eigenen Land (die Französische Strategie wurde beherrscht von der Offensive), und das sie darum dem schnellen deutschen Angriff in Lotharingen unterlegen waren. Dieselbe französische Philosofie der Offensive hat auch im ersten Weltkrieg zu verheerenden Folgen geleitet. Man kann viel aus der Geschichte lernen aber niemand tut es je.

Wir beschließen den Rundgang in Aachen, mit hier ein Blick auf das Farb-Original, mit einem Auschnitt rund dem Dom. Beachten sie aber dass dies eine sehr schlechte Scani ist, denn die ist genommen von der gedruckten Version aus 1965, und zeigt also bereits die Tintenpunkte. Die original-Tranchot-Karte ist aber eine der schönsten topografischen Karten die es überhaupt gibt: ich habe sie mal als den "Rembrandt" unter den Karten bezeichnet gehört.

Ich erwähnte schon die moderne Herausgabe. In 1965 ist die komplette Karte von der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde herausgegeben worden. Die ausführliche Geschichte des Kartenwerkes von Rudolf Schmidt war übrigens unentbehrlich bei der digitalen Verarbeitung. Die Karten sind noch immer erhältlich, zum Beispiel beim Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen, wo man auch eine digitales Interface zusammen mit anderen historischen Karten verkauft. Es gibt noch zwei interessante Teilkarten: eine Übersichtskarte der Postwegen, die die ganze Infrastuktur des Gebietes zeigt, und die Triangulation.

Und damit kommen wir zum wichtigsten Unterteil dieses Vortrags: die Georeferenzierung. Wie hat man diese Karte denn aufgenommen? Jedes der fünfzehn Blätter nimmt ein gebiet von 80 mal fünfzig Km ein. Die Blätter sind auf 600 dpi gescant, das ergibt bei einem Maßstab 1:100000 eine Pixelgröe von etwa 4M pro Pixel. Im Tiff-Format mit LZW-kompression ergibt das Bestände von etwa 40 Megabyte. Der erste Schritt ist das Georeferieren der Original-Scans zu einem Lokalen Koordinat-System mit Koordinaat 0/0 links unten und 80.000/50.000 rechts oben und eine Pixelgröe von fünf Meter, wie sie hier sehen können. Das geht am einfachsten mit GRASS. Dann verschiebt man jede Karte in Sprunge von 80.000 und 50.000 Meter nach dem Norden und Osten, und bekommt so ein umfassendes lokales Koordinatsystem. Das geht wirklich recht einfach mit GRASS, denn dafür braucht man nur den ASCII-header anzupassen. Das Koordinatsystem sieht nun so aus. Und damit können wir die 15 Karten bereits aneingeschlossen abbilden, wobei ein Detail-Ausschnitt sieht so aussieht. Sie sehen, dass es ziemlich genau passt. Es könnte sein das die Abweichungen zurückgehen auf meine eigene Bearbeitungsungenauigkeiten mit GRASS, denn es ist gar nicht einfach gute Passpunkte zu setzen bei solcher hohen Resolution.

Schauen wir auf die Originalkarte, dann sehen wir das die auch ein eigenes lokales Koordinatsystem verwendet: jede Karte enthält ein Gitter mit Linien pro 200 Meter, mit Koordinaten die auch wieder nur eine einfache Verschiebung unseres Systems sind: das Nullpunkt ist hier mit 24.000 240.000 verschoben. Mit der gleichen Anpassung im GRASS header-file bekommt man also eine Karte im originalen, Tranchotschen Koordinatsystem. Nun kann man aber doch noch nicht sehr viel mit dieser Karte anfangen, denn obwohl sie intern gut anschliesst, kann man sie nicht mit modernen Karten kombinieren. Welche projektion ist hier also verwendet worden? Dazu gibt der Kartenrand auskunft.

Am Kartenrande sind nämlich Längen- und Breitengraden angegeben, die Karte steht nicht auf den Norden, und die Meridianen laufen nach dem Norden schief aufeinander zu. Wir wissen dass Tranchot eine einfache transversale Merkator-Projektion verwendet hat mit dem Meridian von Paris als zentraler Meridian, wie man hier vereinfacht sehen kan. Wenn man mit Proj die transversale Merkator-Projektion default verwendet (+proj=tcea) liegt der Nullpunkt der Projektion im Schnittpunkt des Äquators mit dem Meridian von Greenwich. Mann kann aber diesen Ursprung verschieben zum Pariser Meridian mit dem Parameter +lon_0. Weil aber Tranchot seine Koordinaten nicht vom Äquator aus berechnet hat, sondern vom Pariser Observatoire aus, muss man den +y_0 Parameter mit ungefähr 5000 Kilometer vermindern. Mann bekommt dan den folgen Proj-string, die man im EPSG-File und in der spatial_ref_sys table von PostGIS als eine User-definierte EPSG-kode aufnehemen kann.

Funktioniert das? Ja das funktioniert. Die Franzosen würden sagen: das marchiert: ca marche. Ungefähr. Wir können es kontrolieren anhand der Triangulationspunkte, die sie am Anfang gesehen haben. Von all diesen Punkten hat Herrn Schmidt die genaue Gauß-Krüger coördinaten bestimmt. Hier sehen sie die Angaben über das Punkt am Kölner Dom: und hier sehen Sie das Punkt auf der Tranchot-Karte von Köln die sie am Anfang gesehen habben. Von diesem un den andern Punkten habe ich die Tranchotschen Koordinaten digitalisiert und zusammen mit den Gauß-Krüger Koordinaten in einer PostGIS-tabelle eingeführt, unter das neue, willkliche EPSG-nummer 50000. Eine einfache Query ergibt dann die Differenz zwischen den richtigen und den Tranchotschen koordinaten. Dreihundert Meter ist sehr gut wenn man sich realisiert das man dies alles met Messleinen von Paris aus vermisst hat, und ich denke dass die größten Fehler noch bei meiner eigenen Georeferenzierung entstanden sind. Es kann aber noch viel besser: man kan die Originalkarte mittels Rubbersheeting derart transformieren, das die Triangulationspunkte alle genau an der richtigen Stelle liegen. Innerhalb der Dreiecke hat man damals sicherlich ganz genau vermisst, und das heißt, das es theoretisch möglich ist eine sehr grosse Genauigkeit zu erhalten. Überdies gibt es auch noch Angaben über die Triangulationen zweiten Ordens, also innerhalb der Dreiecke des Hautnetzes das Sie soeben gesehen haben, aber die liegen irgendwo in Frankreich in einem Archiv. Wenn man die zur Verfügung hätte, wäre bestimmt eine Georeferenzierung auf Meterniveau möglich.

Und eigentlich sind wir nun fertig. Man müsste die Karte noch transformieren, aber auch ohne das ist es schon möglich sie als WMS-service unter dem neuen EPSG-nummer 50000 aufzurufen. Die URLSs für die Originalkarte sehen so ausr, und damit bekommt man die ganze Karte aneingeschlossen im Browser. Dies ist das URL für die Gauß-Krüger-kartei, und hier die Karte selbst, etwas gedreht wie sie sehen. Und damit kann man sie ohne weiteres einlesen in Qgis und auch in ArcGIS und Mapinfo, und weitere, eigene Web-Applikationen bauen mit Google Maps und Google Earth

Ich bedanke mich recht herzlich für ihre Aufmerksamkeit!